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Gesetzliche Änderungen April 2023

Aktuelle gesetzliche Regelungen: April 2023

Stand April 2023

Als besonderen Service stellen wir in unserem Blog immer wieder eine Übersicht an aktuellen gesetzlichen Regelungen zusammen: monatlich, kompakt und übersichtlich zusammengefasst. Lesen hier den Stand April 2023:

Themenübersicht:

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    EuGH-Urteil zur wöchentlichen & täglichen Ruhezeit: Zeitbombe oder Fehlalarm?

    Der Europäische Gerichtshof hat mit einer aktuellen Entscheidung Unruhe und Diskussionen in das österreichische Arbeitszeitrecht gebracht (ebenso auch in vielen anderen EU-Staaten). Im Urteil vom 02.03.2023, C-477/21 (zu einem Fall aus Ungarn) heißt es ausdrücklich, dass

    • vor der wöchentlichen Ruhezeit jedenfalls auch die tägliche Mindestruhezeit von elf Stunden gewährt werden muss,
    • die tägliche Ruhezeit und die wöchentliche Ruhezeit aufgrund unterschiedlicher Zwecke getrennt voneinander zu sehen sind, und zwar auch dann, wenn die wöchentliche Ruhezeit im nationalen Recht ohnehin großzügiger als im EU-Recht geregelt ist (so wie z.B. in Österreich 36 Stunden, während die Mindestdauer nach EU-Recht nur 24 Stunden beträgt).
    ==>  Info: 
      Nach derzeit überwiegender Ansicht bedeutet dies, dass Arbeitnehmer künftig einmal pro Woche Anspruch auf insgesamt 47 Stunden (11+36) statt bisher bloß 36 Stunden Ruhezeit haben. Für Betriebe, in denen (nur) von Montag bis Freitag gearbeitet wird, spielt das naturgemäß keine Rolle. Betroffen sind aber beispielsweise viele Betriebe im Handel, im Hotel- und Gastgewerbe sowie in anderen Branchen mit regelmäßiger Samstagsarbeit.
    ==>  Beispiele:
     

    Endet der Dienst eines Handelsangestellten am Samstag um 13:00 Uhr, darf er laut EuGH-Urteil frühestens am Montag um 12:00 Uhr wieder zum Dienst eingeteilt werden (elf Stunden tägliche Ruhezeit plus 36 Stunden wöchentliche Ruhezeit = 47 Stunden).

    Endet der Dienst eines Handelsangestellten am Samstag um 18:00 Uhr, darf er laut EuGH Urteil frühestens am Montag um 17:00 Uhr wieder zum Dienst eingeteilt werden (elf Stunden tägliche Ruhezeit plus 36 Stunden wöchentliche Ruhezeit = 47 Stunden).

    Eine von manchen Arbeitgebervertretern ins Treffen geführte Gegenansicht versucht offenbar zu „retten, was zu retten ist“ und meint, dass die EuGH-Entscheidung Österreich gar nicht betreffe. Argumentiert wird damit, dass die Bestimmungen zur täglichen und wöchentlichen Ruhezeit (im AZG bzw. ARG) schon vor dem EU-Beitritt (1995) bestanden hätten und seither unverändert geblieben seien. Dabei handelt es sich allerdings um eine Minderheitsmeinung, für die naturgemäß keine Gewähr übernommen werden kann. Leider sehen sich betroffene Betriebe somit wieder einmal einer hohen Rechtsunsicherheit gegenüber.

    Es bleibt zu hoffen, dass der österreichische Gesetzgeber in absehbarer Zeit reagieren wird. So wäre z.B. denkbar, die wöchentlichen Mindestruhezeit im ARG von 36 auf 25 Stunden zu reduzieren (somit immer noch eine Stunde länger als der EU-Mindeststandard), wodurch im Ergebnis die tägliche und die wöchentliche Ruhezeit gemeinsam wiederum 36 Stunden ergäben. Realistisch betrachtet erscheint eine solche Gesetzesänderung allerdings angesichts der Blockadehaltung einiger Institutionen (z.B. der Gewerkschaft) sehr schwierig.

    ==> Fazit:
      Möchte man aus Unternehmersicht kein Risiko (z.B. Urgenzen oder Anzeigen bei Kontrollen durch das Arbeitsinspektorat) eingehen, empfiehlt sich daher bis zur rechtlichen Abklärung oder einer allfälligen Gesetzesanpassung pro Woche die Gewährung einer mindestens 47-stündigen Ruhezeit am Stück (11 Stunden tägliche plus 36 Stunden wöchentliche Ruhezeit = 47 Stunden).

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      COVID-19-Risikofreistellung endet mit 30.04.2023

      Unzählige Male wurde die pandemiebedingte Sonderregelung für Risikopatienten verlängert, nun ist aber definitiv Schluss: Die COVID-19-Risikofreistellung (§ 735 ASVG) läuft mit 30.04.2023 aus. Ab 01.05.2023 sind Inhaber eines ärztlichen COVID-19-Risikoattests demnach wieder zum Arbeitsantritt verpflichtet, sofern keine Freistellungsgründe nach anderen arbeits- und sozialrechtlichen Regelungen (z.B. Krankenstand, Rehabilitationsgeldbezug o.ä.) vorliegen. In der Praxis waren die Anwendungsfälle der Risikofreistellung zuletzt ohnehin nur noch relativ selten anzutreffen.

      ==> Beachte: 
        Anträge auf Rückerstattung der Entgeltfortzahlung für Risikofreistellungen, die mit Ende April 2023 enden, können – infolge der gesetzlichen Frist von sechs Wochen – noch bis zum 12.06.2023 beim Krankenversicherungsträger (i.d.R. bei der Österreichischen Gesundheitskasse) eingebracht werden.

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        ORF-Beitrag (ab 2024) läuft nicht über die Personalverrechnung

        Vor wenigen Tagen ist der Begutachtungsentwurf zum ORF-Beitrags-Gesetz 2024 erschienen. Der ORF-Beitrag soll bekanntlich ab 2024 die bisherige GIS-Gebühr ersetzen und prinzipiell pro Haushalt anfallen.

        ==> Das Erfreulichste vorweg:
         

        Die in einigen Medien kolportierte Einhebung im Wege der Gehalts- und Lohnverrechnung kommt zum Glück nicht. Der ORF-Beitrag soll durch die ORF-Beitrags Service GmbH eingetrieben werden.

        Der Gesetzesentwurf unterscheidet zwischen Beitragspflicht im privaten Bereich (Entrichtung pro im Inland gelegener Adresse) und Beitragspflicht im betrieblichen Bereich. Neben den Haushalten sollen also auch die Unternehmen zur Kasse gebeten werden. Laut dem Gesetzesentwurf ist geplant, dass jeder Unternehmer pro Gemeinde, in der eine Betriebsstätte im kommunalsteuerlichen Sinn liegt, ORF-Beiträge zahlen muss – und zwar ggf. in mehrfacher Höhe:

        Unternehmen sollen abhängig von der Vorjahres-Lohnsumme bis zu 50 ORF-Beiträge pro Betriebsstätte entrichten müssen, maximal aber 100 ORF-Beiträge für das Unternehmen insgesamt.

        Die weitere Gesetzwerdung bleibt noch abzuwarten. Es ist davon auszugehen, dass einige Punkte des Gesetzesentwurfs noch für ein gehöriges „politisches Gewitter“ sorgen werden.

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