Sowohl bei Angestellten als auch bei Arbeitern und Lehrlingen (die beiden letzteren erst seit einer Gesetzesnovelle per 01.07.2019) gibt es eine Verankerung im Gesetz (§ 8 Abs 3 AngG bzw. 1154b Abs 5 ABGB), durch welche es Dienstnehmern möglich ist, durch wichtige persönliche Gründe ohne Verschulden während einer verhältnismäßig kurzen Zeit ihre Dienstleistung niederzulegen. Laut der aktuellen Rechtsprechung handelt es sich bei einer verhältnismäßig kurzen Zeit um einen Zeitraum bis zu einer Woche. Von dieser gesetzlichen Regelung sind auch Arzttermine erfasst, wenn diese nicht während eines Krankenstandes stattfinden.
In jedem Fall ist noch auf günstigere Regelungen im Kollektivvertrag zu achten (Achtung seit 01.07.2019 ist in den Kollektivverträgen bei Arbeitern keine Schlechterstellung mehr zulässig!).
Grundsätzlich ist der Dienstnehmer dazu angehalten, Arzttermine außerhalb der Arbeitszeit zu legen. Nur wenn der Termin nicht in der Freizeit möglich ist (z.B. aufgrund der Ordinationszeiten) oder es sich um akute gesundheitliche Beschwerden handelt, gilt die Zeit als bezahlte Abwesenheit. Der Arbeitnehmer hat das Recht auf freie Arztwahl, sofern die Arzt- und Wegzeit angemessen erscheint. Wenn die freie Arztwahl unverhältnismäßig erscheint und zu Lasten des Dienstgebers geht, kann sich der Arbeitgeber das Recht vorbehalten, die Wegzeit auf ein angemessenes Ausmaß zu reduzieren. Aufgrund der Treuepflicht des Arbeitnehmers, hat sich dieser stets zu bemühen die Zeit der Freistellung so kurz wie möglich zu halten.
Bei mehreren Arztterminen, welche aufgrund desselben gesundheitlichen Gebrechens in Anspruch genommen werden, sind diese immer zusammenzurechnen. Dies wäre zum Beispiel bei mehreren Therapiestunden, welche aufgrund der gleichen körperlichen Beschwerden stattfinden, denkbar. Hier ist die Zeit nur bis zu maximal einer wöchentlichen Normalarbeitszeit zu vergüten. Die darüber liegenden Stunden sind als Freizeit zu werten.
Bei der Vergütung der Wegzeiten gibt es keine konkreten gesetzlichen Vorschriften. Vielmehr wird hier auf die arbeitsrechtlichen Beurteilungen abgestellt, wonach eine Wegzeit auf jeden Fall zu vergüten ist, wenn der Dienstnehmer vom Betrieb zum Arzt bzw. wieder retour in den Betrieb fährt und dies in der Normalarbeitszeit stattfindet. Liegen die Fahrzeiten außerhalb der Normalarbeitszeit, sind diese jedenfalls als Freizeit zu betrachten. Fährt der Dienstnehmer direkt von zu Hause zum Arzt, stellt sich die Frage ob dies aufgrund betrieblicher Interessen geschieht oder im persönlichen Interesse des Arbeitnehmers liegt (z.B. Zeitersparnis). Sollten die privaten Interessen des Dienstnehmers im Vordergrund stehen, wird in der Zeiterfassung meist nur der Arztaufenthalt als bezahlte Abwesenheit vergütet.
In jedem Fall empfiehlt es sich, in der Praxis die Handhabung der Vergütung von Arztzeiten genau zu definieren und mit Ihrem Personal zu kommunizieren. So können Sie künftige Unklarheiten im Vorhinein verhindern und für ein positives Betriebsklima sorgen.